Einreichfassung vom 23.06.2023
Eingereicht von Helena Stockinger (h.stockinger@ku-linz.at)
Kommentiert von Claudia Gottwald (Universität Dortmund).
Inhaltsverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis
- Einleitung zum Fach
- Stufenmodelle mit den Tabellen und einzelnen Teilbereichen
- Exemplarische Entwürfe für das Lernen am gemeinsamen Gegenstand
- Entwürfe für die Arbeit an Themen und Interessen der Kinder und Jugendlichen
- Kommentierter Überblick über weitere Stufenmodelle
- Literaturverzeichnis
1. Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Bspw. = beispielsweise
KMK = Kultusministerkonferenz
SuS = Schülerinnen und Schüler
Vgl. = vergleiche
2. Einleitung zum Fach
2.1 Einleitung
Im Folgenden werden im Anschluss an die Benennung der Ziele und Aufgaben des Ethikunterrichts die zu fördernden Kompetenzen benannt. Diese Überlegungen münden schließlich in einer Tabelle, die Ziele, Kompetenzen, Stufen und Dimensionen so zusammenführt, dass sie Lehrkräften sinnvoll Binnendifferenzierung und inklusiven Unterricht auf verschieden Stufen in Bezug auf das Kerncurriculum ermöglicht. In dem Stufenmodell werden, untergliedert in die vier Themenbereiche „Lernende in Individualität und Persönlichkeitsentwicklung“, „Lernende in sozialen Beziehungen“, „Lernende im Verhältnis zu Kulturen und Religionen“ „Lernende in ihrem Verhältnis zur Umwelt und Zeit“, wesentliche Kompetenzen angeführt, die Kinder sich bis Ende Sek I aneignen sollen. Darüber hinaus werden Unterrichtsanregungen gegeben. Grundlegend für die Auswahl der Themen und der Kompetenzen sind sowohl die Lehrpläne des Faches Ethik als auch wissenschaftliche Literatur.
2.2 Benennung des Faches
Das Fach Ethik wird in den Bundesländern und Schulformen unterschiedlich bezeichnet. In Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Thüringen wird das Fach „Ethik“ genannt. Zudem wird das Fach in Sachsen-Anhalt „Ethikunterricht“, in Brandenburg „Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde“ (LER), in Mecklenburg-Vorpommern „Philosophieren mit Kindern“ genannt. In der gymnasialen Oberstufe in Mecklenburg-Vorpommern sowie generell in Bremen, Hamburg und Berlin das Fach „Philosophie“, genannt. In Nordrhein-Westfalen wird das Fach als Praktische Philosophie/Philosophie und im Saarland als Allgemeine Ethik bezeichnet (vgl. KMK 2020, 4f.). Die unterschiedliche Benennung ist aufgrund der Zuständigkeit der Bundesländer für die Bildung gegeben.
Im Folgenden wird, den Ausführungen der KMK (2020) folgend, allgemein von Ethikunterricht gesprochen. In den meisten Ländern stellt Ethikunterricht ein Ersatz-/Alternativfach zum konfessionellen Religionsunterricht dar und wird als ordentliches Lehrfach angeboten, in manchen Ländern auch als Wahlpflichtfach.
Das Fach Ethik wird in folgenden Klassenstufen angeboten (Kriesel 2017, 23, vgl. Fachverband Ethik 2016, 7): BW (7/8-12/13), Bay (1-12/13), Berl (7-10), Brb (5-10), Hess (1-12/13), Nds (5-12/13), NRW (5-10), RP (1-12/13), Sld (9-12/13), Sa (2-12/13), SA (1-12/13), Th (1-12/13)
In der folgenden Ausarbeitung, die eine Unterstützung für Lehrkräfte sein soll, werden wesentliche Kompetenzen des Ethikunterrichts unter Berücksichtigung wesentlicher inhaltlicher Aspekte bis zur Jahrgangsstufe 10 beleuchtet.
2.3 Ziele und Aufgaben des Ethikunterrichts
„Die Ethikfächer orientieren sich an Wertvorstellungen und ethischen Grundsätzen, die im Grundgesetz, in der jeweiligen Landesverfassung und im Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schulgesetze der entsprechenden Bundesländer enthalten bzw. daraus abzuleiten sind.“ (Kriesel 2017, 13)
Im Bericht der Kultusministerkonferenz „Zur Situation des Unterrichts in den Fächern Ethik, Philosophie, Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde (LER), Werte und Normen in der Bundesrepublik Deutschland.“ (KMK 2020) wird angeführt, dass Ethikunterricht „der Bildung und Erziehung der Schülerinnen und Schüler zu verantwortungs- und wertbewusstem Urteilen und Handeln“ (KMK 2020, 7) dient. Dabei orientiert er sich „in seinen Zielen und Inhalten an den Wertvorstellungen, wie sie im Grundgesetz und in den Verfassungen der Länder sowie in deren Schulgesetzen für den Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schüler niedergelegt sind.“ (KMK 2020, 7) Grundlegendes Ziel des Ethikunterrichts ist die Befähigung der Schüler:innen zu begründeter Urteilsbildung und zu verantwortlichem Handeln: „In den besagten Fächern soll kritisches Verständnis für die in der Gesellschaft wirksamen Wertvorstellungen und Normen sowie der Zugang zu philosophischen, weltanschaulichen und religiösen Fragen eröffnet werden. In einzelnen Ländern gehören dazu auch religionskundliche Kenntnisse. Ziel ist die Vermittlung einer ethischen Orientierungskompetenz in einer sich technologisch und sozial rasch verändernden Welt sowie die Befähigung der Schülerinnen und Schüler zu begründeter Urteilsbildung und zu verantwortlichem Handeln.“ (KMK 2020, 7) Dabei berücksichtigen die Fächer „die Pluralität der Bekenntnisse und Weltanschauungen. Dies geschieht im Dialog und Auseinandersetzung mit den in unserer Gesellschaft wirksamen Überzeugungen und Traditionen. Daraus sollen auf dem Wege der Begründung und Reflexion tragfähige Orientierungen für Denken und Handeln gewonnen werden. Die Vermittlung bestimmter Inhalte und Denkweisen im Sinne eines geschlossenen Weltbildes mit einheitlicher Deutung von Lebens- und Sinnfragen ist nicht Sache dieses Unterrichts.“ (KMK 2020, 7)
2.4 Kompetenzen im Ethikunterricht
In der Einheitlichen Prüfungsanforderung in der Abiturprüfung für das Fach Ethik (KMK 2006) wird zwischen erstens Selbst- und Sozialkompetenz und zweitens Sach- und Methodenkompetenz unterschieden – eine Struktur, die sich auch in vielen Lehrplänen widerspiegelt (Willems 2011). Die aufgelisteten Kompetenzen sollen anhand unterschiedlicher Inhalte und Problemstellungen erworben werden, wobei folgende genannt werden: Freiheit und Abhängigkeit, Pluralismus und Grundkonsens, Ethik und Menschenbild, Recht und Gerechtigkeit, Religion und Weltanschauung, Wahrheit und Erkenntnis, Glück, Moralphilosophie und Angewandte Ethik (KMK 2006, 8f). Ethische Bildung umfasst neben kognitiven auch affektive, kommunikativ-interaktive und kreative Fähigkeiten, wobei bei der Abiturprüfung vorwiegend kognitive Aspekte betrachtet werden. Außerdem werden drei Anforderungsbereiche beschrieben. Der erste Anforderungsbereich umfasst „- die Wiedergabe von Sachverhalten aus einem abgegrenzten Gebiet im gelernten Zusammenhang, – die Beschreibung und Verwendung gelernter und geübter Arbeitstechniken in einem begrenzten Gebiet und einem wiederholenden Zusammenhang.“ (KMK 2006, 11) Operatoren hierfür sind bspw. benennen, beschreiben, geben Sie den Argumentationsgang wieder, fassen Sie zusammen, skizzieren Sie etc. Der zweite Anforderungsbereich umfasst: „- Das selbstständige Auswählen, Anordnen, Verarbeiten und Darstellen bekannter Sachverhalte unter vorgegebenen Gesichtspunkten in einem durch Übung bekannten Zusammenhang; – die selbstständige Anwendung des Gelernten auf vergleichbare neue Situationen. Dabei kann es entweder um veränderte Sachzusammenhänge oder um abgewandelte Verfahrensweisen gehen.“ (KMK 2006, 11) Operatoren sind analysieren, untersuchen, vergleichen, ordnen, erklären, erläutern etc. Der dritte Anforderungsbereich „umfasst das planmäßige Verarbeiten komplexer Gegebenheiten mit dem Ziel zu selbstständigen Gestaltungen, Deutungen, Folgerungen, Begründungen oder Wertungen zu gelangen. Dabei werden aus den gelernten Denkmethoden bzw. Lösungsverfahren die zur Bewältigung der Aufgaben geeigneten selbstständig ausgewählt und der neuen Problemstellung angepasst.“ (KMK 2006, 12) In diesem Bereich verwendete Operatoren sind beurteilen, bewerten, erörtern, begründen, prüfen, entwickeln, gestalten, debattieren etc.
Obwohl das Stufenmodell die zu erwerbenden Kompetenzen ausschließlich bis zum Ende der Sekundarstufe I thematisiert, gilt es die Abiturforderungen bereits zu berücksichtigen, sodass Schüler:innen, die das Abitur machen, bereits darauf vorbereitet werden. Dementsprechend werden die im Dokument benannten Fähigkeiten und Kompetenzen und damit verbundene Inhalte und Problemstellungen bei der Erstellung der Stufenmodelle (bis Sek I) berücksichtigt. Ebenso werden die drei benannten Anforderungsbereiche im Aufbau der Stufenmodelle berücksichtigt, wenn diese in den Stufenmodellen auch nicht klar abgegrenzt, sondern miteinander verwoben zu betrachten sind. Darüber hinaus werden unterschiedliche Kompetenzdimensionen bei der Erstellung der Stufenmodelle bedacht. Im Kompetenzmodell von Eichler & Moritz 2016 werden fünf Kompetenzdimensionen unterschieden:
- Wahrnehmen und beschreiben: erfahrungsbezogene Kompetenzen
- Verstehen und interpretieren: hermeneutische Kompetenzen
- Analysieren und systematisieren: begriffliche Kompetenzen
- Argumentieren und Urteilen: diskursive Kompetenzen
- Übertragen und erweitern: lebensweltbezogene Kompetenzen
Wenn aufgrund der Komplexitätsreduktion nicht in allen Themenbereichen die einzelnen Dimensionen vollumfänglich abgebildet werden können, so werden diese bei der Ausarbeitung der Kompetenzen in den jeweiligen Themenbereichen mitgedacht.
Die in den Lehrplänen für Ethik großteils verwendete Unterstruktur in Sach-, Methoden-, Selbst- und Sozialkompetenz wurden in Übereinstimmung mit der Klieme-Expertise, die diese Unterteilung nicht empfiehlt, nicht getroffen. Wenn diese Unterscheidung auch aus „Gründen der Planung und Reflexion vorgenommen wird“ (Rösch 2009, 34) schienen sie für die Stufenmodelle nicht Komplexität zu reduzieren, sondern die Stufenmodell zu verkomplizieren. (Zudem ist die Unterscheidung von Sach-, Methoden, Selbst- und Sozialkompetenz auch in Lehrplänen häufig nicht in sich konsistent. Manches erscheint doppelt und ist bspw. nicht klar der Methodenkompetenz zuordenbar, vgl. bspw. Thüringer Bildungsplan). Dennoch werden die unterschiedlichen Kompetenzen, wenn auch nicht in diese aufgeteilt, da sie miteinander verwoben sind, in den Stufenmodellen berücksichtigt, weswegen hier eine kurze Klärung stattfinden soll: Unter Sachkompetenz wird der „Erwerb sachlicher Kenntnisse und Einsichten in verschiedenen Fachgebieten“ (Rösch 2009, 34) verstanden. Die Fachkenntnisse können in fachspezifischen und -übergreifenden Zusammenhängen und Problemorientierungen angewendet werden. Methodenkompetenz steht im Zusammenhang mit der Fachkompetenz. Methoden sind nur in inhaltlichen Zusammenhängen erlernbar, gleichzeitig sind Methoden notwendig, um sich Wissen aneignen zu können (Rösch 2009, 34). Sozialkompetenz zeigt sich „im Unterricht vor allem in der Befähigung, Ziele erfolgreich im Einklang mit anderen zu verfolgen, Verantwortungsbewusstsein für sich selbst und für andere zu übernehmen.“ (Rösch 2009, 35) Selbstkompetenz/personale Kompetenz bezeichnet „grundlegende Einstellungen, Werthaltungen und Motivationen, die das Lernhandeln des einzelnen beeinflussen.“ (Rösch 2009, 35)
2.5 Bezug zwischen inklusiven Stufenmodellen und Kompetenzorientierung
Um den Bezug zwischen inklusiven Stufenmodellen, wie diese im Folgenden erarbeitet werden, und der Kompetenzorientierung herzustellen, wird auf die Klieme-Expertise Bezug genommen (Klieme 2003). Kompetenzmodelle beschreiben „das Gefüge der Anforderungen, deren Bewältigung von Schülerinnen und Schülern erwartet wird (Komponentenmodell); zweitens liefern sie wissenschaftlich begründete Vorstellungen darüber, welche Abstufungen eine Kompetenz annehmen kann bzw. welche Grade oder Niveaustufen sich bei den einzelnen Schülerinnen und Schülern feststellen lassen (Stufenmodell).“ (Klieme et al. 2003, 74) Kompetenzmodelle müssen dabei „die Grundprinzipien der Disziplin bzw. des Faches klar herausarbeiten (Fachlichkeit), müssen dabei aber nicht alle Verästelungen des Faches abdecken, sondern sollen sich auf einen Kernbereich konzentrieren (Fokussierung). Als Stufenmodelle beziehen sich Kompetenzmodelle darauf, dass Kompetenzen nach und nach aufgebaut werden und auf kumulatives, systematisch vernetztes Lernen zielen (Kumulativität). Zusätzlich zu den Unterscheidungen von Kompetenzniveaus im Blick auf verschiedene Altersstufen differenzieren sie zwischen Kompetenzstufen innerhalb der Altersstufen (z.B. als Mindset-, Regel- und Exzellenzniveau).“ (Willems 2011, 100f) Dies wird auch als Grundlage für die Stufen im Rahmen der inklusiven Unterrichtsplanung genommen.
In der Klieme-Expertise wird außerdem der Begriff des Kerncurriculums eingeführt. In diesem werden „exemplarisch Themen für die inhaltliche Gestaltung schulischer Lehr-/Lernprozesse“ benannt, die „modellhaft Anregungen für die Praxis pädagogischer Arbeit“ (Klieme et al 2003, 95) bieten. Kompetenzmodelle bilden den Schnittbereich zwischen Kerncurriculum und Bildungsstandards. Es stellt sich das Problem, „dass Kompetenzmodelle sowohl hinreichend komplex sein müssen, um fachdidaktisch und entwicklungspsychologisch verantwortbar zu sein, aber zugleich einfach genug, um von ihnen ausgehend Tests entwickeln zu können.“ (Willems 2011, 109) Diese Herausforderung stellt sich bei dem Versuch, Stufenmodelle für inklusiven Unterricht zu entwickeln nochmals verschärft. Um trotz der Komplexität, die Stufenmodelle zugänglich und für Lehrkräfte praktisch verwendbar zu machen, wird besonders darauf geachtet, Komplexität zu reduzieren. Dies hat zur Folge, dass das Fach in seiner Komplexität nicht vollständig aufscheint. Da das anschließende Stufenmodell der Planung und Durchführung von Unterricht dient, wird dies im Sinne der Verwendbarkeit in Kauf genommen. Bezogen auf die Kompetenzen, die Lernende in der jeweiligen Schulstufe erreichen sollen, bietet das Stufenmodell zur inklusiven Unterrichtsplanung Aussagen in Kinder- und Erwachsenensprache, mit denen erreichte Kompetenzen formuliert werden. Um dies möglichst übersichtlich anzubieten, wird die Darstellung ausgehend von Kompetenzen in Themenbereiche gegliedert und in diesen wiederum bezogen auf übergeordnete Inhalte Kompetenzstufen vorgenommen. Die möglichst kleinschrittigen Abstufungen möchten ermöglichen, dass Lernenden ihre Kompetenzen möglichst präzise rückgemeldet werden können.
2.6 Themenbereiche im Ethikunterricht
Für die Darstellung im Stufenmodell der inklusiven Unterrichtsplanung ist die Einteilung der Themen in Teilbereiche sinnvoll, um die Handhabbarkeit bei der Planung und Durchführung zu gewährleisten. Zusätzlich zur Übersicht von Kriesel wurden bezogen auf die Lehrpläne ausgehend von einer Lehrplanstufe (5. Jahrgangsstufe) die Lehrpläne für Ethik aller Bundesländer genau miteinander verglichen und die vorkommenden Kompetenzen/Themen in ein Raster eingeordnet und Themenblöcke identifiziert, die bei vielen Lehrplänen vorkommen. Daraufhin wurde einerseits abgeglichen, welcher Lehrplan die meisten dieser Themen identifiziert und andererseits überprüft, welche Lehrpläne mit einem Kompetenzmodell arbeiten, das klar offengelegt und nachvollziehbar dargestellt und dem wissenschaftlichen Diskurs angemessen ist. Der Lehrplan von Thüringen erwies sich in der Verwendung des Kompetenzmodells als für die weiterführende Arbeit am besten geeignet, da dieser einigermaßen in sich konsistent aufgebaut war und gleichzeitig den wissenschaftlichen Diskurs berücksichtigt. Das Kompetenzmodell von Thüringen wurde dementsprechend zu Grunde gelegt und Ergänzungen durch die weiteren Lehrpläne und wissenschaftliche Literatur vorgenommen. So ergab sich ein Überblick über wesentliche Kompetenzen und damit verwobene Inhalte.
Die Benennung der vier Teilbereiche, nach denen die Stufenmodelle gegliedert sind, wird im Folgenden leicht adaptiert vom Thüringer Lehrplan Grundschule entnommen (so wurde im dritten Themenbereich Religion integriert und im vierten Themenbereich der Faktor Zeit), was sich inhaltlich auch mit der Übersicht der Lehrpläne für Grundschule von Kriesel deckt. Die ersten drei Teilbereiche im Bereich der Grundschule entsprechen auch der Gliederung der ersten drei Bereiche für Sek I. Auffallend ist, dass der Bereich der Grundschule „Unsere Zeit, Umwelt und Natur“ in den Themenbereichen des Sekundarbereichs 1 nicht mehr aufscheint, sondern hier als vierter Bereich „Philosophische Ethik und Angewandte Ethik“ gesetzt ist. Im Sinne der aufbauenden Kompetenzen wird im Folgenden der vierte Themenbereich „Unsere Zeit, Umwelt und Natur“ auch für den Sekundarstufenbereich 1 fortgeführt und die „Philosophische Ethik und Angewandte Ethik“ in die vier Teilbereiche integriert.
Folgende Teilbereiche liegen dem folgenden Stufenmodell zugrunde:
- Lernende in Individualität und Persönlichkeitsentwicklung (Ich – Was ist der Mensch?)
- Lernende in sozialen Beziehungen (Ich und Wir – Was soll ich tun?)
- Lernende im Verhältnis zu Kulturen, Religionen und Weltanschauungen (Wir und die Anderen – Was darf ich hoffen?)
- Lernende im Verhältnis zur Umwelt und Zeit (Die Welt und ich – Was kann ich wissen?)
Wesentliche Kompetenzen und damit verschränkte Inhalte werden (großteils adaptiert) vom Thüringer Bildungsplan für Grund-, Haupt- und Realschule übernommen und den vier Themenbereichen zugeordnet. Darüber hinaus wurden innerhalb der jeweiligen Themenbereiche die Kompetenzen und Inhalte gebündelt und diesen den dazu passenden thematischen Überschriften zugeordnet.
Auch wenn sich die Grundstruktur des Thüringer Bildungsplans für Ethik als hilfreich erwies, sind viele Kompetenzen nicht in sich konsistent aufgebaut, die Themen wirken teilweise zufällig gesetzt. So wurden, nachdem der gesamte Thüringer Bildungsplan geclustert, Themenbereiche gebildet, um so eine erste Übersicht und Grundlage geschaffen wurde, im Abgleich mit weiteren Lehrplänen und theoretischen Ausarbeitungen (vgl. Roew/Kriesel 2017), entwicklungspsychologischen Erkenntnissen (u.a. Kohlberg 1995, Oser & Gmünder 1996, Erikson 1973, Fowler 2000, Heckhausen/Heckhausen 2010, Roth 2011) die Stufen weiter vertieft und adaptiert. Einzelne Themen wurden dadurch gestärkt, andere wurden entfernt, Kompetenzen näher ausdifferenziert und fehlende Schritte ergänzt. Die nun vorliegenden Teilbereiche wurden ausgehend von den Zielsetzungen und zu erwerbenden Kompetenzen im Ethikunterricht als geeignet erachtet, die Kompetenzen zu entwickeln, die für einen erfolgreichen Abschluss der Sek I notwendig sin.
Folgende Teilbereiche werden im Stufenmodell unter Berücksichtigung basaler, elementarer, primarer und sekundarer Zugänge beleuchtet:
Teilbereich A: Lernende in Individualität und Persönlichkeitsentwicklung
Übergeordnete Kompetenz: Lernende setzen sich mit eigenen Einstellungen und Handlungen auseinander und reflektieren, welche Handlungen sich moralisch rechtfertigen lassen.
- Eigene Eigenschaften und Fähigkeiten einschätzen
- Umgang mit Gefühlen
- Umgang mit Wünschen
- Wahrnehmung und Vorurteile
- Auseinandersetzung mit Leben und Tod
- Auseinandersetzung mit Freiheit und Abhängigkeit
- Gewissensbildung
- Gesundheit – Selbstsorge
- Mediengebrauch
- Informationsgewinn
Teilbereich B: Lernende in sozialen Beziehungen
Übergeordnete Kompetenz: Lernende reflektieren die Notwendigkeit des respektvollen Miteinanders und setzen sich mit den Menschenrechten als Grundlage des Werte- und Normensystems auseinander.
- Menschenwürde – Menschenrechte – Kinderrechte
- Freundschaften
- Zusammenleben in Gemeinschaften
- Regeln des Zusammenlebens
- Respektvoller Umgang miteinander
- Umgang mit Konflikten
- Reflexion von Glück und Sinn
- Reflexion über Liebe
- Auseinandersetzung mit Gerechtigkeit
- Entscheidungen bei ethisch schwierigen Fragen
- Kommunikation
Teilbereich C: Lernende im Verhältnis zu Kulturen und Religionen
Übergeordnete Kompetenz: In der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Religionen und Kulturen respektieren die Lernenden religiöse, kulturelle und weltanschauliche Vielfalt und reflektieren ihre eigenen Werte.
- Feste
- Unterschiedliche Religionen – Christentum
- Unterschiedliche Religionen – Judentum
- Unterschiedliche Religionen – Islam
- Weitere Religionen
- Religiöse und kulturelle Vielfalt
- Wertvorstellungen begründen
Teilbereich D: Lernende in ihrem Verhältnis zur Umwelt und Zeit
Übergeordnete Kompetenz: In der Auseinandersetzung und in der Reflexion eigener Erfahrungen erkennen Lernende die Verantwortung des Menschen für die Natur und die Mitwelt und leiten daraus eigene Verhaltensregeln ab.
- Umgang mit Natur
- Umwelt- und Klimaschutz
- Umgang mit Technik
- Umgang mit Zeit
Wenn die Stufenmodelle auch unterschiedliche Kompetenzstufen abbilden und als lineare Abfolge dargestellt sind, können die einzelnen Schritte parallel ablaufen bzw. sich je nach Kind in der Reihenfolge verschieben.
Einige der benannten Kompetenzen sind nicht ausschließlich im Ethikunterricht, sondern auch in anderen Fächern zu bearbeiten. – Häufig gibt es auch Überschneidungen zu anderen Themenbereichen (bspw. Biologie, politische Bildung, Religion etc.)
Insbesondere bei Themen, bei denen Kinder und Jugendliche aufgefordert werden, ethische Themen auf ihr eigenes Leben hin zu reflektieren, ist besondere pädagogische Sensibilität gefragt. Bei allen Themen, aber hier in Besonderem, gilt, dass es stets freiwillig bleiben muss, was davon im Unterrichtsgeschehen mitgeteilt wird.
Grundlage für das Unterrichtsfach sind die Menschenrechte. Wenn diese nun detailliert als ein Themenbereich näher entfaltet werden, sind diese zugleich die normative Grundlage für die Bearbeitung der unterschiedlichen Themenbereiche.
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Stufenmodelle Ethik
2.7 Literaturverzeichnis Einführung
- Arbeitsgemeinschaft für die Fächer Ethik, Lebenskunde, LER, Philosophie (2005). Philosophieren mit Kindern. Praktische Philosophie, Werte und Normen. Primarstufe. LER.
- Beschlüsse der Kultusministerkonferenz (2006). Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung Ethik 2006. KMK. https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/1989/1989_12_01-EPA-Ethik.pdf.
- Bildungsstandards für die Fächer Ethik, Humanistische Lebenskunde, LER, Philosophie, (2017). Philosophieren mit Kindern, Praktische Philosophie, Werte und Normen in der Sekundarstufe (Kl. 5/7 – 10), http://fv-philosophie-nrw.de/wp-content/uploads/2017/07/standards_sek1.pdf.
- Eichler, U. & Moritz, A. (Hrsg.) (2016). Ethik kompetenzorientiert unterrichten: Eine Konzeption für die Klassen 9/10 mit kopierbarem Unterrichtsmaterial. Vandenhoeck & Ruprecht.
- Erikson, Erik H. (2011). Identität und Lebenszyklus (25. Aufl.). Frankfurt am Main.
- Fowler, J. W. (2000). Stufen des Glaubens. Die Psychologie der menschlichen Entwicklung auf der Suche nach Sinn. Gütersloher Verlagshaus.
- Heckhausen, H. &. Heckhausen, J. (Hrsg.) (2010). Motivation und Handeln. Springer.
- Klieme, E., Avenarius, H., Blum, W., Döbich, P., Gruber, H., Prenzel, M., Reiss, K., Riquarts, K., Rost, J., Tenorth, H. & Vollmer, H. (2003). Expertise. Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards. Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
- Kohlberg, L. (1995). Psychologie der Moralentwicklung. Suhrkamp.
- Kriesel, P., Fuß, G., Goergen, K., Jung, A., Weil, G. & Wentzkat, M. (2016). Denkschrift zum Ethikunterricht. Zwischen Diskriminierung und Erfolg. Fachverband Ethik. https://www.fachverband-ethik.de/fileadmin/user_upload/grundlagentexte/Denkschrift_zum_Ethikunterricht_2016-k_2_c_1_.pdf.
- Oser, F. & Gmünder, P. (1996). Der Mensch – Stufen seiner religiösen Entwicklung (1984). Gütersloh.
- Roew, R., & Kriesel, P. (2017). Einführung in die Fachdidaktik des Ethikunterrichts. Klinkhardt.
- Rösch, A. (2009). Kompetenzorientierung in Philosophie- und Ethikunterricht. Entwicklung eines Kompetenzmodells für die Fächergruppe Philosophie, Praktische Philosophie, Ethik, Werte und Normen. Lit.
- Roth, G. (2011). Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten. Klett-Cotta.
- Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (2020): Zur Situation des Unterrichts in den Fächern Ethik, Philosophie, Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde (LER), Werte und Normen in der Bundesrepublik Deutschland (Bericht der Kultusministerkonferenz vom 22.02.2018 (i.d.F. vom 25.06.2020).
- Willems, J. (2011). Interreligiöse Kompetenz. Theoretische Grundlagen – Konzeptualisierungen – Unterrichtsmethoden. VS Verlag für Sozialwissenschaften.
3. Stufenmodelle mit den Tabellen und einzelnen Teilbereichen
Tabelle 3A: Lernende in Individualität und Persönlichkeitsentwicklung (Teilbereich A)
Abkürzungen Tabellen: b = basal | e = elementar | p = primär | s = sekundär
Tabelle 3B: Lernende in sozialen Beziehungen (Teilbereich B)
Abkürzungen Tabellen: b = basal | e = elementar | p = primär | s = sekundär
Tabelle 3C: Lernende im Verhältnis zu Kulturen und Religionen
(Teilbereich C)
Abkürzungen Tabellen: b = basal | e = elementar | p = primär | s = sekundär
Tabelle 3D: Lernende im Verhältnis zur Umwelt und Zeit
(Die Welt und ich – Was kann ich wissen?)
(Teilbereich D)
Abkürzungen Tabellen: b = basal | e = elementar | p = primär | s = sekundär
4. Beispiele für das Lernen am gemeinsamen Gegenstand
4.a) Auseinandersetzung mit Gerechtigkeit
Verortung im Stufenmodell (Teilbereich B):
Lernende können ihr Verständnis von Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit an Beispielen des eigenen Erlebens erläutern. – Ich weiß, wann ich gerecht, wann ungerecht behandelt werde. Ich kann darüber sprechen.
Lernende können unterschiedliche Formen von Gerechtigkeit vergleichen. Ich kenne unterschiedliche Formen von Gerechtigkeit.
Lernbaustein
Reflexionsfrage: Was findet ihr ungerecht / unfair? Hier werden Lernende gebeten Situationen zu überlegen, in denen sie sich ungerecht behandelt gefühlt haben bzw. erlebt haben, dass eine andere Person ungerecht behandelt wird.
Unterschiedliche methodische Möglichkeiten:
- Verfassen eines Aufsatzes, in dem die ungerechte Situation beschrieben wird.
- Zeichnen eines Bildes, in der die ungerechte Situation deutlich wird.
- Verfassen eines Briefes, in dem die ungerechte Situation geschildert wird.
- Versuch, die unfaire Situation zu schildern und gemeinsam mit Personen im Rahmen eines Standbildes oder Rollenspieles darzustellen
- Erzählen der ungerechten Situation (Sitznachbar:innen, der gesamten Klasse oder als Audioaufnahme)
Lernbaustein
ImPlenum oder in Kleingruppen werden ausgewählte Situationen gelesen / gesehen /vorgespielt und gemeinsam diskutiert, was in der jeweiligen Situation unfair war. Personen überlegen, ob sie bereits ähnliche Situationen erlebt haben.
Lernbaustein
Es wird überlegt, wie die Situation aussehen müsste, damit die Situation gerecht erlebt wird. Beispielsweise mit folgenden Reflexionsfragen: Wie würden die entsprechenden Personen handeln? Wie würde sich die betroffene Person fühlen? Woran würden die Personen merken, dass in der Situation gerecht gehandelt wird?
Lernbaustein
Es werden unterschiedliche Bilder und/oder Bildgeschichten und/ oder Texte im Klassenraum verteilt. Lernende werden gebeten, sich ein Bild / eine Bildgeschichte / einen Text auszuwählen und sich die abgebildete Situation anzusehen. Sie überlegen sich alleine / zu zweit / in der Kleingruppe, inwiefern die dargestellte Situation gerecht oder ungerecht ist und warum. Im Anschluss kann je nach Lerngruppe ein Austausch im Plenum erfolgen oder die Personen notieren sich Ergebnisse ihrer Überlegungen / ihres Gesprächs.
Lernbaustein
Im Anschluss überlegen die Lernenden, ob sie ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Lernende erzählen sich diese Situationen oder schreiben/malen sie.
Lernbaustein
Unterschiedliche Formen der Gerechtigkeit (wie Teilhabegerechtigkeit, Verteilungsgerechtigkeit, Anerkennungsgerechtigkeit) werden mit den Lernenden erarbeitet (- durch Texte, die Lernende bekommen, zusammenfassen und einander vorstellen oder durch Vortrag der Lehrperson).
Lernbaustein
Ausgehend von den Beispielen der letzten Stunde werden Lernende gebeten, zu überlegen, welche Form von Gerechtigkeit bei den jeweiligen Beispielen angesprochen wird. Im Anschluss werden sie aufgefordert, die unterschiedlichen Formen von Gerechtigkeit zu vergleichen.
Je nach Kontext können die Lernbausteine in Form eines offenen Lernens angeboten werden, indem die Lernenden sich aussuchen können, in welcher Reihenfolge sie die Aufgaben bearbeiten und mit wem sie entsprechende Aufgaben bearbeiten. Hier würden im Raum verteilt die unterschiedlichen Aufgaben und Materialien angeboten werden.
4.b) Verbale und nonverbale Kommunikation
Verortung im Stufenmodell (Teilbereich B):
- Lernende können sich (non-)verbal ausdrücken. – Ich kann durch Mimik, Gestik, Laute Kontakt mit anderen Personen aufnehmen
- Lernende können mit anderen Personen kommunizieren. – Ich kann mit anderen Personen sprechen
Lernbaustein
Erfahrung mit nonverbaler Kommunikation:
- Lernende suchen Blickkontakt mit anderen Personen und nehmen Kontakt auf (lächeln, zuwinken etc.)
- Lernende bewegen sich frei im Raum und werden aufgefordert, nonverbal miteinander in Kontakt zu treten (sich zuzulächeln, sich zuzuwinken etc.).
Lernbaustein
Reflexion der Erfahrung: Wie ist es mir dabei gegangen? Was hat mich gefreut? Was hat mich irritiert? Dabei wählen die Lernenden die Methode aus:
- Zeichnen des Eindrucks
- Wesentliche Aspekte schriftlich festhalten
- Gespräch mit einer anderen Person über die Übung
Lernbaustein: Metaebene:
Welche Möglichkeiten gibt es, miteinander verbal und nonverbal in Kontakt zu treten? Unterschiedliche Formen der nonverbalen Kommunikation werden zusammengetragen.
Dabei können beispielsweise folgende Fragen leitend sein:
- In welchen Situationen kommunizieren Menschen nonverbal? – Bedeutung der nonverbalen Kommunikation in Situationen wird gesammelt.
- Welche Missverständnisse kann es bei der nonverbalen Kommunikation geben? – Gefahren der nonverbalen Kommunikation werden gesammelt
- Dies erfolgt entweder alleine, mit Sitznachbar*innen, in Kleingruppen oder im Plenum.
Lernbaustein: Erfahrung verbaler Kommunikation:
- Gespräch zu zweit: Die Lernenden werden eingeladen, zu zweit ein kurzes Gespräch über ein alltägliches Thema (z.B. ihren Schulweg, das verbrachte Wochenende, eine bevorstehende Schularbeit) zu führen.
- Gespräch in Kleingruppen (verbal): Die Lernenden werden eingeladen, in Kleingruppen ein kurzes Gespräch über ein alltägliches Thema (z.B. ihren Schulweg, das verbrachte Wochenende, eine bevorstehende Schularbeit) zu führen.
Lernbaustein: Reflexion der Gespräche
Einzelreflexion der Gespräche:
- Wie habe ich die Gespräche wahrgenommen?
- Wie ist es mir im Gespräch ergangen?
- Welches Gespräch war einfacher zu führen/angenehmer zu beobachten und warum?
- Welches Gespräch war für mich angenehmer zu führen/beobachten?
Reflexion zu zweit oder im Plenum:
- Die Lernenden ihre Erfahrungen und Beobachtungen und reflektieren diese unter Moderation der Lehrperson
Lernbaustein: Einnehmen der Metaebene
Reflexion der verbalen Kommunikation: In welchen Situationen sprechen Menschen miteinander? Welche Missverständnisse kann es bei der verbalen Kommunikation geben?
Lernbaustein
Lernende denken an ein Gespräch in einer konkreten Situation, das ihnen in Erinnerung geblieben ist (kann sowohl verbale oder nonverbale Kommunikation betreffen)
- Lernende denken an ein Gespräch, das ihrer Meinung nach sehr gut gelungen ist.
- Lernende denken an ein Gespräch, das ihrer Meinung nach nicht gut gelungen ist.
Lernbaustein:
Reflexion: Was war dafür ausschlaggebend? Wer war beteiligt? Wer hat wie gesprochen? Wie war das eigene Gefühl beim Gespräch?
Lernbaustein
Einnehmen der Metaebene: Überlegungen zu: Was ist mir bei einem Gespräch besonders wichtig?
- Überlegungen dazu werden in einer Zeichnung zum Ausdruck gebracht
- Überlegungen werden aufgeschrieben
- Überlegungen werden mit einer anderen Person besprochen
Lernbaustein
Regeln der Kommunikation innerhalb der Gruppe / der Klasse werden von den Lernenden erarbeitet. Lernende malen Bilder oder schreiben auf, was ihnen wichtig ist. Diese werden gesammelt und besprochen und im Raum sichtbar aufgehängt.
Die einzelnen Lernbausteine können ausgewählt werden, welche in der jeweiligen Gruppen sinnvoll sind, wobei die Reihenfolge der Lernbausteine aufeinander aufbaut.
5. Arbeit an Themen und Interessen der Kinder
Im Fach Ethik ist die Bearbeitung von Themen, die Lebensnähe und Lebensrelevanz der Kinder aufweisen zentral und in die didaktischen Überlegungen grundlegend integriert. Viele ethische Themen und deren Bearbeitung weisen eine direkte Relevanz für das Leben der Kinder auf und der Bezug zwischen Sache und Lebenswelt der Kinder können immer wieder hergestellt werden, was auch in der Zielsetzung des Ethikunterrichts deutlich wird: „Ziel des Ethikunterrichts ist es, die Schülerinnen und Schüler zur Wahrnehmung ethisch relevanter Fragen und Problembereiche, zur selbständigen Urteilsbildung sowie zum ethisch reflektierten Handeln zu befähigen. Dies geschieht im Dialog und Auseinandersetzung mit Erfahrungen und Fragen, Befürchtungen und Hoffnungen der Schülerinnen und Schüler sowie mit Herausforderungen, die unsere private und öffentliche Lebensgestaltung in Gegenwart und Zukunft betreffen.“ (KMK 2006, 5).
So findet die Auseinandersetzung mit ethischen Fragen auf der „Basis eigener Erfahrungen und Reflexionen statt.“ (Gottwald 2015, 263) Gerade im Fach Ethik ist Raum ausgehend von Fragen der Kinder oder bestimmten Situationen Themenfelder zu thematisieren und mit Kindern gemeinsam zu bearbeiten (vgl. bspw. Themenfelder Glück, Gerechtigkeit, Kommunikation, Zeit etc.). All diese Themenfelder sind eng mit der Erfahrungswelt der Kinder verknüpft. Bei der Bearbeitung von Themenfeldern gilt es immer wieder Raum zu schaffen, dass Kinder ihre eigenen Gedanken, Ideen und Fragen einbringen können. So setzen die Stufenmodelle bei den Erfahrungen der Kinder an, die in weiterer Folge reflektiert und mit Theorie angereichert werden.
6. Kommentierter Überblick über weitere Stufenmodelle
Es gibt eine Fülle an entwicklungspsychologischen Modellen (vgl. bspw. zur moralischen Entwicklung: Piaget 1954, Kohlberg 1995, Erikson 1973, Loevinger 1976, Nummer-Winkler 2008, Lind 2019 oder zur religiösen Entwicklung Oser & Gmünder 1996, Fowler 2000). In diesen wird sowohl die kognitive, moralische und psychosoziale Entwicklung von Menschen umfassend in Stufenmodellen dargelegt. Außerdem gibt es Kompetenzmodelle im Fach Ethik, die zu erreichende Kompetenzen benennen und Kompetenzdimensionen aufschlüsseln. Beispielsweise erstellen Eichler und Moritz (2017) ein Kompetenzmodell, in dem in den jeweiligen Kompetenzdimensionen zunehmende Perspektiven berücksichtigt werden (bspw. Wahrnehmungen von Vorbegriffen und Vorurteilen freihalten – Wahrnehmungen artikulieren – Artikulierte Wahrnehmungen mit Begriffen und Theorien deuten – Gedeutete Wahrnehmungen (ethisch) problematisieren) (Eichler &Moritz 2017, 21).
6.a) Literaturverzeichnis zum kommentierten Überblick
- Eichler, U. & Moritz, A. (Hrsg.) (2016). Ethik kompetenzorientiert unterrichten: Eine Konzeption für die Klassen 9/10 mit kopierbarem Unterrichtsmaterial. Vandenhoeck & Ruprecht.
- Fowler, J. W. (2000). Stufen des Glaubens. Die Psychologie der menschlichen Entwicklung auf der Suche nach Sinn. Gütersloher Verlagshaus.
- Kohlberg, L. (1995). Psychologie der Moralentwicklung. Suhrkamp.
- Lind, G. (2019). Moral Ist Lehrbar! Wie man moralisch-demokratische Fähigkeiten fördern und damit Gewalt, Betrug und Macht mindern kann (4., erweiterte und überarbeitete Auflage). Logos Verlag Berlin.
- Loevinger, J. (1976). Ego Development: A battle line (1. Aufl.). Jossey-Bass Publishers.
- Nunner-Winkler, G. (2008). Die Entwicklung des moralischen und rechtlichen Bewusstseins von Kindern und Jugendlichen. Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie, 2(3), 146–154. https://doi.org/10.1007/s11757-008-0080-x.
- Oser, F. & Gmünder, P. (1996). Der Mensch – Stufen seiner religiösen Entwicklung (1984). Gütersloh.
- Piaget, J. (1954). Das moralische Urteil beim Kinde. Klett-Cotta.
7. Literaturverzeichnis
- Beschlüsse der Kultusministerkonferenz (2006). Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung Ethik 2006. KMK. https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/1989/1989_12_01-EPA-Ethik.pdf.
- Gottwald, Claudia (2015): Gerechtigkeit als Thema des inklusiven Ethikunterrichts. In: J. Riegert / O. Musenberg (Hg.): Inklusiver Fachunterricht in der Sekundarstufe. Kohlhammer, 262–273.
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