Einreichungsfassung vom 09.02.2023
Eingereicht von Ralf Laging & Reiner Hildebrandt-Stramann
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung Stufenmodell D: Spielen – Spiele spielen
- Literaturverzeichnis (D)
- Grundthema D1: Zielen
- Tabelle: Zielen (D1)
- Grundthema D2: Jonglieren
- Tabelle: Jonglieren (D2)
- Grundthema D3: Treffen und Ausweichen
- Tabelle: Treffen und Ausweichen (D3)
- Grundthema D4: Vorbeispielen und Abfangen
- Tabelle: Vorbeispielen und Abfangen (D4)
- Grundthema D5: Wechselseitiges Hineinschlagen
- Tabelle: Wechselseitiges Hineinschlagen (D5)
1. Einleitung Stufenmodell D: Spielen – Spiele spielen
Um was geht es beim Spielen?
Kinderwelt ist Spiel- und Bewegungswelt. Mit dieser Aussage wollen wir auf die besondere Relevanz des Spielens für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen hinweisen. Auch wenn die Schule in diesem Verständnis zunächst einmal keine ausgewiesene Spiel- und Bewegungswelt ist, vielmehr ist sie eher eine Sitzwelt, so gibt es seit mehr als 30 Jahren bewegungspädagogisch begründete Schulkonzepte, die zunehmend das Spielen und Bewegen in das Zentrum ihrer Schulentwicklungskonzepte stellen (vgl. die Ansätze zur Bewegten Schule von Laging, 1997, 2017; Hildebrandt-Stramann, 1999, 2007; auch Bruse, 2008). Sie fragen sich, wie es im Rahmen von Schule und Unterricht gelingen kann, Schüler*innen zu befähigen, zunehmend selbständig Spiele zu initiieren, zu lenken, zu reflektieren und weiterzuentwickeln. Damit diese Kompetenzen entstehen können, unterstützen Schulen
- das freie und ungelenkte Spielen in der Pause durch vielfältige Pausenspielangebote,
- das initiierte und gelenkte Spielen bei Schulfesten, Schulfeiern und fächerübergreifenden Unterrichtsprojekten und
- das unterrichtliche, organisierte Spielen im Sportunterricht und beim bewegten Lernen in fast allen Fächern.
Wir konzentrieren uns in unserem Stufenmodell mit dem unterrichtlichen Spielcurriculum auf den Sportunterricht und fragen danach, wie das Spielen unterrichtlich strukturiert und didaktisch inszeniert werden kann. Dabei ist das Spielen im Sportunterricht mehr als die Aneinanderreihung der bekannten Sportspiele (wie Fußball, Handball, Basketball, Volleyball, Tischtennis, Badminton, Tennis oder Rugby) oder neuer Street- und Beachvarianten, die in den Schulcurricula meist in Zielschussspiele, Rückschlagspiele und Endzonenspiele (wie Flag-Football, Indiaca oder Rugby) eingeteilt und auf ihr Technikrepertoire mit festgelegtem Regelwerk reduziert werden (vgl. Albert, 2012; Krick, 2012). Das Spielen ist vielmehr die Realisierung einer komplexen sozialen Wirklichkeit, in der die Akteure nach vereinbarten Regeln in eine Spielwelt eintauchen und eine Ganzheit erleben. In diesem weiten Sinne ist das Spielen etwas, das über alle Bewegungsfelder hinweg Bedeutung erlangt – es ist eine spezifische Weise des Weltzugangs, in der die Welt selbst im Spiel erfahren wird. Diese umfassende Bedeutung des Spielens wird besonders gut in einer Systematik deutlich, die Dietrich (1980) in Anlehnung an den niederländischen Anthropologen Buytendijk für das schulische Spielen ausgearbeitet hat. Er untergliedert die große Bandbreite der Bewegungsspiele in
- Spielen mit etwas,
- Spielen als etwas und
- Spielen um etwas.
Der grundlegende Kern des Spielens zeigt sich immer darin, dass Menschen mit, als und um etwas spielen. In diesem spielerischen Tun entsteht der Sinnrahmen einer selbstreferenziellen Spielwelt, in der sich „ein Spannungsverhältnis zwischen Gegebenem und Möglichem, zwischen Realität und Fiktion aufbaut, das sich jenseits bestehender Grenzen in einem Neuen auflöst“ (Bietz & Böcker, 2009, S. 119). Was zeichnet diese Grundcharakteristik aus?
Beim „Spielen mit etwas“ geht es um Umweltbewältigung (Dietrich, 1980, S. 17). Dies betrifft besonders den basalen und elementaren Zugang. Hier geht es um die Erkundung von (unbekannten) Materialien wie Tücher, Reifen, Autoschläuche, Bälle aller Art oder Alltagsmaterialien wie Zeitungen, Stoffe oder Dosen. Die „Bewegungsbaustelle“ (Miedzinski, 1983) ist ein mittlerweile klassisches Angebot, um durch Explorieren und Experimentieren mit Materialien und Geräten die Gesetzmäßigkeiten der äußeren Umwelt und auch deren soziale Bedeutung zu entdecken. So kann ein Ball als Objekt gehandhabt werden, der bestimmte physikalische Gesetzmäßigkeiten hat, die es im bewegten Umgang zu beherrschen gilt. Er kann einen Besitz symbolisieren, den es zu verteidigen gilt, zu einem Wurfobjekt werden, mit dem man jemanden abwirft (wie bei Abwurfspielen) oder auch zu einem Mittel der Interaktion werden, über den in den Sportspielen Handlungspläne übermittelt werden.
Bei den „Spielen als etwas“ handelt es sich in erster Linie um Rollen- und Darstellungsspiele. Kennzeichnend für diese Spiele ist, die von den Spielenden in ihrem Spiel nachgestaltete Realität: „Der Spieler verändert die Dinge, wie sie sind in Dinge, wie sie sein könnten, indem er der Situation seine Subjektivität aufprägt“ (Sutton-Smith, 1978, S. 53, zit. nach Dietrich, 1980, S. 17). Dabei reicht die Darstellung im Spiel „von bloßem Nachahmen beobachtbarer Handlungen anderer Personen über die Übernahme von Rollen samt der mit ihnen verbundenen Normen bis hin zur Ausgestaltung der Situationen, in denen die Rollen Bedeutung haben“ (ebd., S. 16).
„Spiele um etwas“ sind Wettbewerbsspiele, bei denen es um Punkte oder Tore (Sportspiele) oder um das Fangen eines Gegenspielers (Bewegungsspiele) geht mit dem Ziel, den jeweiligen Gegner zu überbieten. Der Wettbewerbscharakter macht es notwendig, durch sozial vereinbarte Spielregeln die Chancengleichheit aller Spielpartner zu sichern. So liegt den „Spielen um etwas“ eine Spielidee zugrunde, die im Rahmen bestimmter Regeln zum Spielraum, zur Spielzeit, zu den Spielerrollen und zu spezifische Bewegungsformen realisiert wird und jeweils bestimmte Umgangs- oder Verhaltensregeln hervorbringt.
Diese drei Formen des Spielens haben für die spieldidaktischen Zugänge recht unterschiedliche Bedeutung. Für die Entwicklungsförderung mit einem basalen und elementaren Zugang nimmt das Spielen mit und als etwas einen sehr breiten Raum ein. Diese Spiele sind grundlegend für die senso- und psychomotorische Entwicklung von Kindern. In der Auseinandersetzung mit der sozialen und materialen Umwelt sammeln sie und später auch im Jugendalter (z. B. beim Skaten, Skilaufen, Snowboarden etc.) umfangreiche materiale und motorische Bewegungserfahrungen. In der Entwicklungstheorie von Piaget stehen diese „Übungsspiele“ mit etwas neben den „Symbolspielen“ als etwas, die die expressiven und kommunikativ ausgerichteten Bewegungserfahrungen in den Mittelpunkt rücken. In der Regel geht es in den Symbolspielen um das Verknüpfen von Sprechen und Handeln bei Rollenübernahme und Rollenwechsel. Beide Spieltypen sind allerdings nicht auf das Bewegungsfeld „Spielen – Spiele spielen“ beschränkt. Sie haben in unterschiedlichem Umfang in allen Bewegungsfeldern Bedeutung, so z. B. im Bewegungsfeld „Turnen“, wenn es darum geht, mit einfachen „Baumaterialien“ wie Bretter, Balken, große Holzklötze, Autoreifen, LKW-Schläuche, Styroporklötze, Drainagerohre, PVC-Rohre, Waschmitteltrommeln, Teppichreste oder Seile und auch mit traditionellen Turngeräten ihre Bewegungssituationen selbstständig zu gestalten. Man findet Spiele mit etwas auch in dem Bewegungsfeld „Rollen, Fahren, Gleiten“, wenn die Auseinandersetzung mit „Spielobjekten“ der Trendsportarten wie „Skateboards“, „Inliner“, „Frisbeescheiben“, „BMX- und Mountainbike-Räder“ etc. in den Fokus der Bewegungshandlung gerückt werden. Das Spielen als etwas bietet Lerngelegenheiten zu einfachen Rollen-, Darstellungs- und Imitationsspielen. Solche finden sich auch und vor allem im Bewegungsfeld „Bewegung gymnastisch, rhythmisch und tänzerisch gestalten“.
Im schulischen Sportunterricht nimmt das Spielen um etwas und damit der primare und sekundare Zugang den größten Raum ein und bildet die Grundlage für die Thematisierung des sportlichen Spielens in der Schule. Nach Piaget handelt es sich hier um so genannte „Regelspiele“, bei denen es darum geht, die komparative Bedeutung von Bewegung kennenzulernen. Damit ist das Bewegungsfeld „Spielen – Spiele spielen“ „an der Idee von Wettspielen und den dafür typischen Verhaltensweisen orientiert“ (Bietz & Böcker, 2009, S. 120). Entsprechend sind die Zugänge zum Spielen in erster Linie an den Regelspielen orientiert, bei denen Prinzipien wie Konkurrenz und Überbietung stärker in den Horizont der Lernenden rücken. Gleichwohl ist diese Form des Spielens immer auch konstitutiv mit der Idee „einer gemeinschaftlichen Gestaltung“ verbunden: „Spielideen entwickeln bzw. nachvollziehen, sich über Spielideen verständigen, Spiele initiieren, Spielregeln finden und vereinbaren, Spiele anpassen, Spiele in Gang halten, Spiele intensivieren, Spiele variieren usw.“ (ebd., S. 121). Die Lernenden erfahren, Regeln als veränderbar zu begreifen, Spiele selbständig zu lenken und zu reflektieren, mithin eine „allgemeine Spielfähigkeit“ zu entwickeln. Beim sportlichen Spielen „um etwas“ bleiben die beiden anderen Spieltypen (mit und als etwas) erhalten und tragen auf ihre Weise zum Spannungsverhältnis eines Spiels bei – ohne allerdings die Dominanz des Wettspiels zu brechen (Dietrich, 1980, S. 16). Dabei wird die jeweils vorliegende Spielidee von mehr oder weniger expliziten Spielregelungen gerahmt, die zwischen den Polen eines mehr freien und ausgelassenen Spielens (wie beim Kinderspiel mit und als etwas) und den enger gefassten Sportspielen (um etwas) eine unterschiedliche Regelungsdichte annehmen.
Zugänge im Bewegungsfeld „Spielen“
Alle Spiele zeichnen sich ganz grundsätzlich durch konstitutive und regulative Regeln aus, die im Sinne der Spielidee das Spiel erst zu dem Spiel machen, als das es dann gespielt wird. Die Regeln zu Raum, Zeit, Spielerzahl, Art der Tore/Körbe oder Zielpunkte und Spielhandlung sind maßgeblich für die Komplexität einer Spielsituation verantwortlich, die zudem von der Spielhaltung der Spielenden durchzogen ist. Es ist daher sinnvoll, bei den einzelnen Spielen bzw. Spielthemen die Komplexität jeweils im Hinblick auf den Zugang zu klären und das jeweilige Lernangebot daran zu orientieren.
„Die Komplexität ergibt sich aus:
- der Anzahl der Regeln,
- den erforderlichen Bewegungsfertigkeiten (z. B. nur Laufen oder Laufen und Werfen),
- den taktischen Anforderungen (z. B.: Sind Laufwege vorzugeben oder frei zu wählen?)
- der Anzahl der Spielteilnehmer,
- der Frage, ob man für sich spielt oder mit Mitspielern zusammen agieren muss,
- der Frage, ob die Spielrolle während des Spiels ohne Unterbrechung gewechselt werden muss“ (Beckmann & Probst, 2015, S. 16f.).
Vor diesem Hintergrund ist das Spielen in differenzierten Lernsituationen sukzessiv im Hinblick auf die Komplexitätssteigerung in den Zugängen zu entwickeln. Aufgrund der curricularen Anforderungen und auch der unterrichtlichen Realität zumindest ab der Sekundarstufe I ist es notwendig, die Spiele didaktisch so zu gestalten, dass ein Bezug zu den Zielschussspielen Fußball, Handball, Basketball und Hockey bzw. zu den Rückschlag- und Endzonenspielen (Volleyball, Badminton, Tischtennis bzw. Flag-Football) hergestellt wird. Praxisideen für den Unterricht am Beispiel des Zielschussspiels Fußball finden sich bei Böcker & Dirks (2013, S. 9ff.), die über die Kernidee des Fußballs zunehmend komplexer werdende Spielsituationen beschreiben. Die Sportspiele werden in den Lernangeboten des Stufenmodells mit ihren je spezifischen Anforderungen thematisiert und Arrangements für den Lernprozess vorgestellt.
1. 1: Basaler Zugang: Körpererfahrung in Bewegung
Der basale Zugang thematisiert nicht die komparative Funktion der Spiele. Allein aus entwicklungstheoretischer Sicht geht es bei diesem Zugang primär um das „Spielen mit etwas“ im Sinne psychomotorischer Bewegungsspiele. Wie zuvor bereits beschrieben, kommt es zunächst darauf an, vielfältige materiale und motorische Erfahrungen zu sammeln. Dazu ist vor allem der explorative und kommunikative Umgang mit verschiedenen Bällen in unterschiedlichen Organisationsformen geeignet. Gleichwohl gehören zu einem solchen Zugang auch Spielgelegenheiten, die sich an der Entwicklung der sportspieltypischen Spielfähigkeit orientieren.
Fazit:
Der basale Zugang ermöglicht Kindern, das Spielen als „Spiele mit etwas“ kennenzulernen. Unterschiedliche Materialien sind Anlass für eine senso- und psychomotorische Entwicklungsförderung im Kontext sozialen Spielhandelns.
1.2: Elementarer Zugang: Bewegen- und Wahrnehmen
Der elementare Zugang soll die Schülerinnen dazu befähigen, Spielregeln als strukturierendes Instrument für die Hervorbringung, Weiterentwicklung und Veränderung von Spielen zu erfahren und zu nutzen. Dazu sind die Spiele so einzuführen, dass die Schülerinnen nach und nach die Spielidee mit den jeweils vereinbarten Regeln besser umsetzen lernen. In den Kleinen Spielen, wie in Fangspielen, lernen die Schülerinnen, bestimmte Spielerrollen (Jäger und Fänger) zu übernehmen, die mit bestimmten Spielhandlungen und Spielhaltungen verbunden sind, ohne deren Übernahme solche Spiele nicht gespielt werden können. Das soll am Beispiel eines Abschlagspiels, dem „Korridorspiel“, verdeutlicht werden (van der Palen, 1995, S. 33): Es kommt darauf an, dass dieses Spiel in kleinen Gruppen und regelmäßig im Unterrichtsjahr gespielt wird. Beim „Korridor-Spiel“ steht ein/e Fängerin in einem abgegrenzten Korridor und versucht, die hindurchlaufenden Schülerinnen abzuschlagen. Es ist ein Spiel, bei dem es darum geht, die mit den unterschiedlichen Rollen verbundenen Aufgaben unterscheiden zu lernen. Wird dieses „Korridor-Spiel“ in jedem Schuljahr der ersten Klassen zu einem feststehenden Unterrichtsinhalt, lernen die Schülerinnen mit der Zeit, die konstitutiven Regeln des Spiels selbständig ihrem Spielniveau anzupassen und durch regulative Regeln spannungsreich zu halten (z. B. Anpassung der Spielfeldgröße an das Niveau der Fängerin oder Spielen mit einem/einer zweiten Fängerin). Dabei lernen sie, ihr Spiel so zu gestalten, dass das konstitutive Merkmal des Spieltyps „Spielen um etwas“, die Spielspannung, die den „Witz des Spiels“ (Bietz & Böcker, 2009, S. 122) bestimmt, immer auch erhalten bleibt.
Fazit: Der elementare Zugang gibt den Kindern die Gelegenheit, Spielregeln als bedeutsam für die Gestaltung ihrer Spielhandlungen kennenzulernen und nach und nach eine spielfördernde Spielhaltung einzunehmen.
1.3: Primarer Zugang: Sportliches Handeln- und Urteilen
Mit dem primaren Zugang geraten in zunehmendem Maße die Spielregeln als Instrument einer selbstbestimmten Spielentwicklung in den Mittelpunkt des didaktischen Interesses. Am Beispiel des Grundthemas „Zielen“ soll dies verdeutlicht werden. Geht es beim elementaren Zugang beispielsweise noch darum, mit dem Ball ein Ziel an der Wand, ein Basketball- oder Tschoukballbrett zu treffen und möglicherweise den abprallenden Ball wieder aufzufangen, so kann es hier und später auch beim sekundaren Zugang darum gehen, einen sogenannten „Dunking-Contest“ zu organisieren. Die Lernenden überlegen sich, ob sie z. B. ein Sprungbrett oder gar ein Minitrampolin als Absprunghilfe (Inventarregel) einbauen, um für alle Mitspielenden die Realisierung eines „Slam-Dunks“ (Handlungsregel) zu ermöglichen, bei dem der Basketball kraftvoll von oben in den Korb gestopft wird. Für jeden regelgerecht ausgeführten Korbtreffer (abspringen, fliegen, treffen) gibt es entsprechende Punkte. Gewonnen hat der, der beispielsweise nach 10 Versuchen die höchste Punktzahl erreicht hat. Schon am Ende des vorherigen Zugangs, auf der die Spielenden eine erste Spielkompetenz erreicht haben, verliert das Miteinander beim Spielen in zunehmendem Maße seinen herausfordernden Charakter und das Gegeneinander eines Spiels gewinnt mit dem primaren Zugang an Bedeutung. Während beim Grundthema „Vorbeispielen und Abschlagen“ der Tor- bzw. Korbabschluss und damit Zielschussspiele zunehmend in den Horizont der Spielenden geraten, ist es beim Grundthema „Wechselseitiges Hineinschlagen“ die Spielabsicht, Punkte zu erzielen, indem das gegnerische Spielfeld mit einem Spielobjekt getroffen wird. Dem steht die komplementäre Absicht entgegen, dem zuvorzukommen bzw. das Treffen des gegnerischen Feldes zu verhindern. Hier sind es die Rückschlagspiele (z. B. das Volleyballspiel), die über dieses Grundthema in den Fokus der Schüler*innen geraten.
Fazit: Mit dem primaren Zugang lernen Kinder und Jugendliche die selbstbestimmte Spielentwicklung durch verabredete Regeländerungen kennen und orientieren sich zunehmend an klassischen Zielschuss- und Rückschlagspielen.
1.4: Sekundarer Zugang: Sport- und bewegungskulturelle Partizipation im Handeln und Wissen
Wenn beim sekundaren Zugang von „Spielen um etwas“ die Rede ist, dann sind damit nicht nur die kodifizierten offiziellen Sportspiele gemeint, sondern auch Spiele um den Ballbesitz, ohne Tore zu schießen oder zu werfen, aber mit dem Spielsinn, den Ball so lange wie möglich in der eigenen Mannschaft zu halten. Solche Spiele gehören zum Grundthema „Vorbeispielen und Abfangen“. Während dieser Spielsinn bereits beim elementaren und primaren Zugang durch einfache Ballspiele wie „5er Ball“, „10er Ball“ oder bestimmte „Zonen-Ballspiele“ in den Horizont der Spielenden geraten ist, geht es bei diesem vierten Zugang darum, diesen Spielsinn in komplexen Spielformen zu realisieren. Komplexe Spielformen wären z. B. Spiele auf zwei gegenüberstehende Tore (oder definierte Wandabschnitte, Basketballbrett, Tschoukballbrett etc.), wobei der Ball gegen die Wand, das Basketball- oder Tschoukballbrett geworfen wird und der abprallende Ball von einem Mitspieler gefangen werden muss, um in Ballbesitz zu bleiben bzw. um in der Folge einen Punkt zu erzielen. Die gegnerische Partei versucht, den Ball abzufangen und danach selbst in der beschriebenen Weise im Ballbesitz zu bleiben oder einen Punkt zu erzielen. Je nach Komplexität der Situationen ergeben sich eine Vielzahl von spieltaktischen Verhaltensweisen, die die Spielenden in diesem Spiel lernen können.
Fazit: Mit dem sekundaren Zugang wird das Spielen als „Wette“, in der es „um“ etwas geht, vertieft und ausdifferenziert. Die komplexen Spielformen stellen erhöhte spieltechnische und spieltaktische Anforderungen, die in sehr unterschiedlichen Spielsituationen auf spielerische Weise gelernt werden.
Exkurs: Ein Beispiel einer genetischen Spielentwicklung
Die Einlösung des inklusiven Grundgedankens einer Teilnahme aller Schülerinnen (Kolb, 2021, S. 36ff.) am gemeinsamen Spiel ist auch daran gebunden, dass die Spielenden lernen, Spielprobleme selbstständig zu lösen, indem sie über eine Veränderung der konstitutiven Regeln des Spiels (Raum, Inventar, Zeit, Anzahl der Spielerinnen, Spielhandlungen) zu einer gemeinsamen Spielgestaltung gelangen, die den Spielbedürfnissen und dem Könnensniveau aller Mitspielenden entspricht. „Wenn Spielregeln als didaktisches Gestaltungsinstrument genutzt werden, kann ein Prozess der mehr oder weniger selbständigen Hervorbringung, Weiterentwicklung und Veränderung von Spielen angeregt und indirekt angeleitet werden, an dessen Ende sowohl die grundlegende – auch motorische – Erschließung der tradierten Handlungs- und Interaktionsstrukturen von institutionalisierten Spielen stehen kann, wie auch die Hervorbringung modifizierter Spielformen oder gar gänzlich neuer Spiele“ (Bietz & Böcker, 2009, 123). In einer genetischen Spielvermittlung werden Spielprobleme, die während des Spielens auftreten, in einem Prozess der gemeinschaftlichen Spielgestaltung gelöst und deren Wirkung auch von den Spielenden selbst überprüft. Ein genetischer Vermittlungsprozess ist idealtypisch durch die Schritte der Spielinitiierung, der Spielanpassung an spezifische Bedürfnisse, Interessen, Voraussetzungen der Spielgruppe, Weiterentwicklung und Variation gekennzeichnet (ebd.).
Für alle vier Zugänge kann man zusammenfassend sagen, dass eine Spielentwicklung durch Regelveränderung zwei grundlegende bewegungspädagogische Zielsetzungen verfolgt:
- Der Prozess der Spielentwicklung vollzieht sich in einem zyklischen Wechsel von Realisierungs- und Reflexionsphasen, in denen gemeinsam mit den Lernenden fortlaufend konkrete Spielprobleme aufgedeckt, geeignete Lösungen entwickelt und im Spiel erprobt werden.
- Regelveränderungen sind nicht beliebig oder willkürlich, sondern immer auf eine funktional angemessene Lösung des jeweiligen Spielproblems bezogen, die auf den bewegungstheoretischen Grundlagen des Zusammenhangs von Wahrnehmen und Bewegen basieren.
An einem Beispiel soll ein solcher Prozess der Spielentwicklung auf der Grundlage einer problemorientierten Auseinandersetzung mit Spielregeln – auch bewegungstheoretisch – nachgezeichnet werden. Spielen die Schülerinnen z. B. beim Grundthema „Vorbeispielen und Abfangen“ ein Basketballspiel auf zwei Körbe mit Punkten, so ist bei wenig fortgeschrittenen Spielerinnen häufig zu beobachten, dass sie sich den Ball hin und her spielen, um in Ballbesitz zu bleiben (Ein ähnliches Beispiel, in dem es auch um funktionale Lösungen eines Spielproblems geht, liefert Krick, 2012, S. 217ff., für das Grundthema „wechselseitiges Hineinschlagen“ am Beispiel des Mehrkontaktspiels Volleyball. Sie erzielen dabei nur wenige Punkte, weil sie entweder den Korb aus der Distanz nicht treffen oder aber nicht in Korbnähe kommen, um einen Korbleger zu versuchen. Im Grunde genommen verbleiben sie in den Grundthemen „Jonglieren“ und „Vorbeispielen und Abfangen“ ohne Tore bzw. Körbe. Im Sinne des Basketballspiels handelt es sich hierbei um dysfunktionale Spiellösungen, die bei den Spielenden auch schnell zu einem Motivationsabfall führen können. Zur Lösung dieses Spielproblems schlägt Loibl (2001, S. 63) vor, die basketballtypische Dribbelregel (eine Handlungsregel) dahingehend zu verändern, dass der Ball während des Laufens nicht mehr aufgeprellt werden muss. Loibl (2001, S. 60) stellt weitere Regeländerungen mit jeweils anderen Handlungskonsequenzen vor: z. B. die Vergrößerung des Korbdurchmessers (Veränderung der Inventarregel). Hier ergibt sich auch der Bezug zum Grundthema „Zielen“. Ausgangspunkt wäre in diesem Fall die einfachste Spielsituation eines komplexen Basketballspiels: Werfen und Zielen bzw. Einzel- und Gruppenspiele auf den Korb. Die Folge ist, dass die Spielerinnen – und hier vermehrt die spielunerfahrenen – häufiger in Korbnähe gelangen und durch mehr Korberfolge die Motivation wieder steigt. Aus der Sicht einer funktionalen Wahrnehmungstheorie lässt sich die Veränderung der Handlungsregel, die zu einer Veränderung der Spielhandlung und -haltung der Spielerinnen führt, wie folgt erklären: Spielhandlungen stellen grundsätzlich eine Person-Umwelt-Relation dar, die in eine Thematik eingelassen ist. Das Thema im Beispiel lautet, einen Punkt entweder durch einen Korbwurf oder einen Korbleger zu erzielen. Deshalb ist es auch die Absicht der Lernenden, den Ball in den Korb zu befördern. Da das Spielhandeln durch vorhandene Wahrnehmungsschemata entscheidend gelenkt wird, können nur die Spieler, die z. B. in der gegnerischen Abwehr die Abstände der Spielerinnen als eine Lücke zum Durchlaufen erkennen, einen Korbleger versuchen. Die Spielerinnen, die nicht über entsprechende Wahrnehmungsschemata verfügen, erkennen diese Lücken nicht und versuchen deshalb auch keinen Durchbruch. Vor allem für die Spielanfänger stellt sich die Dribbelregel als handlungslimitierend heraus, weil sie sich auf das Dribbeln konzentrieren und dabei den Blick mehr oder weniger permanent auf den Ball richten. Deshalb stellt sich für sie die Abwehr der gegnerischen Mannschaft als Mauer dar, durch die es kein Durchkommen gibt. Entsprechend werden auch keine Lücken in der gegnerischen Abwehr gesucht. Das vorhandene Wahrnehmungsschemata lautet: Mauer – daher kein Durchkommen. Als Handlungskonsequenz erfolgen Weitwürfe auf den Korb oder das Abspielen des Balles. Aus wahrnehmungstheoretischer Sicht ergibt sich die Konsequenz, das vorhandene Wahrnehmungsschema umzustrukturieren. Eine solche Umstrukturierung können nur die Lernenden aufgrund aktiver Bewegung selbst leisten. Entsprechend des Ansatzes einer erfahrungsorientierten Spielvermittlung kommt es nun darauf an, Spielsituationen zu erstellen, die die komplexen Situationen des Spiels beinhalten, deren Aufgaben aber mit vereinfachter Technik zu lösen sind. Hier kommt jetzt die Veränderung der zuvor beschriebenen Dribbelregel ins Spiel. Dadurch, dass die Spielerinnen das komplexe Basketballspiel mit vereinfachter Technik, d. h. ohne Dribbelregel, spielen, können sie den Blick weg vom Ball auf die „Mauer“ lenken und „Lücken“ zwischen den Abwehrspielern sehen lernen. In der Regel erfolgt ein Bedeutungsumschlag, d. h. die Mauer bzw. die Abstände der Spielerinnen in der gegnerischen Abwehr bekommen eine neue Bedeutung. Sie werden als „Lücke“ wahrgenommen, durch die man schlüpfen kann, um in die Nähe des Korbes zu gelangen und einen Korbleger zu versuchen. Erst auf der Grundlage der veränderten Handlungsregel können die Spielenden eine funktional angemessene individuelle Lösung des Spielproblems „Korbpunkte erzielen“ erproben. Eine weitere Variante wäre die Vergrößerung des Basketballkorbs und/oder eine Verringerung der Aufhängungshöhe des Basketballkorbs. Beides läuft auf eine Veränderung der Inventarregel hinaus, die zweite Form auch noch auf eine Veränderung der Raumregel (Loibl, 2001, S. 59f.).
Navigation Sport
Download
Stufenmodelle Sport (C1-C5) als
Download
weitere Materialien Sport
Grundthemen im Bewegungsfeld „Spielen“
Für das Bewegungsfeld „Spielen“ fällt es im Vergleich zu anderen Bewegungsfeldern deutlich schwerer, die Grundthemen für die Strukturierung der Zugänge und Lernangebote zu benennen, weil die Vielfalt der Spielideen recht unterschiedliche Spiele hervorbringt, die jeweils im „großen Sport“ als eigene Spielsportart ihren Platz haben (Fußball, Handball, Volleyball, Tischtennis, Rugby, Hockey u.v.m.). Aufgrund dieses umfangreichen Angebots an Sportspielen und seiner großen Bedeutung für den Sportunterricht – vor allem beginnend mit der Sekundarstufe I – hat die Sportspieldidaktik Ansätze zur Bestimmung von gemeinsamen Strukturen der verschiedenen Spiele entwickelt. Mit dem spielgemäßen Konzept von Dietrich (1973) sind typische Situationen wie „Torschuss-Abwehr“, „Torschussgelegenheiten“ oder „Aufbauen und Stören“ herausgearbeitet worden, die auf verschiedene Zielschussspiele zutreffen. Eine andere Strukturierung hat eher die typische Spielidee wie „Zielschuss“, „Rückschlag“ oder „Endzone“ in den Mittelpunkt gerückt, die bis heute die unterschiedlichen Sportspiele für die Lehrpläne ordnen. Gleichwohl kann diese Ordnung alleine die Frage nach dem Verbindenden nicht lösen, da sie zu sehr von den Technikanforderungen und Regeln der definierten Sportspiele ausgeht. Für diese Gruppierung von Sportspielen hat sich in den letzten Jahren die Konzeption einer integrativen Sportspielvermittlung entwickelt, die innerhalb der Spielgruppen (Zielschuss, Rückschlag, Endzone) gemeinsame Fähigkeiten und Fertigkeiten in den Mittelpunkt rückt (Adolph u.a., 2008). Ein deutlich weitergehender Ansatz erstreckt sich über alle Spiele und basiert auf einer problemorientierten Sportspielvermittlung nach dem Ansatz des genetischen Lehrens und Lernens (Brodtmann & Landau, 1984; Loibl, 2001). Im Mittelpunkt steht dabei die Spielentwicklung als gemeinsamer Handlungsprozess aller Beteiligten. Das Konzept des niederländischen Bewegungspädagogen van der Palen (1995) fragt nach den gemeinsamen Strukturen aller Spiele, nach Übereinstimmungen und Unterschieden sowie den Grundprinzipien der vielfältigen Spiele. Als Antwort kommt er zu einer Strukturierung der Spielaktivitäten in fünf Spielgebiete (van der Palen, 1995, S. 25), die in unserem Stufenmodell für das Spielen zugleich die Grundthemen bilden:
- Zielen,
- Jonglieren,
- Treffen und Ausweichen,
- Vorbeispielen und Abfangen und
- Wechselseitiges Hineinschlagen.
In gewisser Weise enthalten diese Spielgebiete in anderer Begrifflichkeit die typischen Spielsituationen des spielgemäßen Konzepts von Dietrich (1973). Beispielsweise geht es in den Spielgebieten „Zielen“ bzw. „Vorbeispielen und Abfangen“ in Zielschussspielen wie Fußball, Handball oder Basketball ebenfalls um „Torschuss und Abwehr“, „Aufbauen und Stören“ oder „Torschussgelegenheiten“. Die folgende Tabelle zeigt die Spielgebiete, Spielprobleme und möglichen Lernangebote (Tab. 1).
Spielgebiet | Spielproblem | Beispiel für Aktivitäten |
Zielen | Das Wegspielen eines Spielobjekts in Bezug zu einem Ziel, das es zu treffen gilt. | Kegel umwerfen, Korbleger, Boulespiele, einen Fußball durch eine Lücke in einem Kasten schießen |
Jonglieren | Ein Spielobjekt so annehmen/auffangen, dass es sofort wieder zurückgespielt werden kann. | Im Kreis einen Volleyball vom Boden fernhalten, zu zweit einen Fußball hin und her treten. |
Treffen und Ausweichen | Das Treffen von etwas oder jemand, mit oder ohne Spielobjekt, mit der komplementären Absicht, dem zuvorzukommen. | Fangspiel, Jägerball mit Freiplätzen, Softball, Baseball. |
Vorbeispielen und Abfangen | Im Besitz eines Spielobjekts bleiben, mit der komplementären Absicht, in dessen Besitz zu gelangen, mit oder ohne dabei Tore zu schießen oder zu verhindern. | Spiele um den Ballbesitz ohne Tore, Fußball, Handball, Basketball, Hockey, Rugby. |
Wechselseitiges Hineinschlagen | Das Treffen des gegnerischen Spielfeldes mit einem Spielobjekt, mit der komplementären Absicht, dem zuvorzukommen bzw. das Treffen des gegnerischen Feldes so, dass das Spielobjekt nicht wieder zurückgespielt werden kann. | Faustball, Volleyball, Grabenball (den Ball so in eine Mittelzone zwischen den Spielparteien prellen, dass er danach im gegnerischen Spielfeld zu Boden fällt), Badminton, Squash. |
Die bereits im vorausgehenden Kapitel genannten Grundthemen beziehen sich auf die hier beschriebenen Spielgebiete, die spielübergreifend oder thematisch eingegrenzt („Vorbeispielen und Abfangen“ bzw. „Wechselseitiges Hineinschlagen“) in den Sportspielen anzutreffen sind. Diese Spielgebiete strukturieren als Grundthemen das Bewegungsfeld „Spielen“. Jedes Spielgebiet wird im Kern durch ein spezifisches Spielproblem charakterisiert, das im Zentrum der Spielvermittlung steht. Die Lösung des jeweiligen Spielproblems mit dem Ziel eines gemeinsamen Spielens ist daran gebunden, dass alle Lernenden eine Spielhaltung einnehmen, die das Gegeneinander der verschiedenen Parteien „ernst nimmt“, d.h. man muss „versuchen zu gewinnen“ (van der Palen, 1995, S. 25). Das „Spielen um etwas“ ist somit dadurch charakterisiert, dass die Parteien eine Wette eingehen und jede Seite diese gewinnen möchte: „Alle Mitspieler müssen die Möglichkeit und den Anreiz haben, sich mit ihren individuellen Möglichkeiten gleichermaßen in das Spielgeschehen einbringen zu können und auch über die Spieldauer beteiligt zu bleiben.“ (Bietz & Böcker, 2009, S. 121). Insofern muss jedes Spiel unter der Bedingung der Chancengleichheit im Ergebnis offen sein. Nur dadurch entsteht die für das Spielen charakteristische Spannung.
Die in Anlehnung an van der Palen beschriebenen Spielgebiete sind immer in die Ganzheit eines Spiels eingebunden. Es geht darum, „spielend ein Spiel zu vermitteln“. Daher werden Spiele in diesem Ansatz auch nicht über Übungsreihen der Spieltechniken vermittelt, vielmehr folgen die Techniken den Spielanforderungen und nicht umgekehrt: „Technik ist also nicht unwichtig, sondern spielfolgend statt spielbedingend“ (van der Palen, 1995, S. 25). Spielen lernen beruht demnach in diesem Ansatz auf arrangierte Spielsituationen, die Lernmöglichkeiten für alle Schüler*innen enthalten, indem der Schwierigkeitsgrad dem jeweiligen Niveau der Spielenden angepasst wird. Erst vor diesem Hintergrund können Spiele in heterogenen Gruppen vermittelt werden. Das Lernangebot im Bewegungsfeld „Spielen“ orientiert sich an diesen fünf Grundthemen.
2. Literaturverzeichnis D
- Adoph, H., Hönl, M. & Wolf, T. (2008). Integrative Sportspielvermittlung. Kassel: Universität Kassel.
- Albert, A. Spielen in und mit Regelstrukturen – Zielschussspiele. In V. Scheid & R. Prohl (Hrsg.), Sportdidaktik. Grundlagen, Vermittlungsformen, Bewegungsfelder (S. 191-205). Limpert.
- Beckmann, H. & Probst, A. (2015). Sport fachfremd unterrichten. Auer.
- Bietz, J. & Böcker P. (2009). Spielen und Spiele spielen. In R. Laging (Hrsg.), Inhalte und Themen des Bewegungs- und Sportunterrichts (S. 108-136). Schneider.
- Böcker, P. & Dirks, F. (2013). Fußball verstehen und gestalten im Sportunterricht. In Lehrhilfen für den Sportunterricht 62 (12), S. 9-13.
- Brodtmann, D. & Landau, G. (1982). An Problemen lernen. sportpädagogik, 6 (3), 16-22.
- Bruse, S. (2008). Spielen und Bewegen. Elemente für eine entwicklungsfördernde Lernkultur der Grundschule. Tectum.
- Dietrich, K- (1973). Fußball. Spielgemäß lernen – spielgemäß üben. Hofmann.
- Dietrich, K. (1980). Spielen. sportpädagogik, 4 (1), 13-19.
- Dietrich, K. (1984). Vermitteln Spielreihen Spielfähigkeit. sportpädagogik, 8 (1), 19-21.
- Hazelebach, Ch. (1995). Wie Floor lernt, besser abzuschlagen. sportpädagogik, 19 (5), 33-35.
- Hildebrandt-Stramann, R. (1999). Bewegte Schulkultur. Afra.
- Hildebrandt-Stramann, R. (Hrsg.) (2007). Bewegte Schule – Schule bewegt gestalten. Schneider.
- Kolb, M. (2021). Alle spielen mit! Kompetitive Spiele verändern und eine Teilnahme aller Schülerinnen und Schüler ermöglichen. sportpädagogik, 44 (3), 36-41.
- Krick, F. (2012). Spielen in und mit Regelstrukturen – Rückschlagspiele. In V. Scheid & R. Prohl (Hrsg.), Sportdidaktik. Grundlagen, Vermittlungsformen, Bewegungsfelder (S. 206-220). Limpert.
- Laging, R. (2017). Bewegung in Schule und Unterricht. Kohlhammer.
- Laging, R. (1997). Schulsport als bewegte Schulkultur. sportpädagogik, 22 (1), 62-65.
- Loibl, J. (2001). Basketball spielen – erfinden – erleben – verstehen. Genetisches Lehren und Lernen. Hofmann.
- Miedzinski, K. (1983). Die Bewegungsbaustelle. modernes lernen.
- Piaget, J. (1969). Nachahmung, Spiel und Traum. Klett-Cotta.
- van der Palen, H. (1995). Spiele problemorientiert unterrichten. sportpädagogik, 19 (5), 23-25.
- van der Palen, H. (1995). Vorbeispielen und Abfangen. sportpädagogik, 19 (5), 26-28.
- van der Palen, H. (1995). Volleyball im Anfängerbereich. sportpädagogik, 19 (5), 29-32.
3. Grundthema D1: Zielen
Das Grundthema „Zielen“ ist durch ein Spielproblem bestimmt, das durch die Absicht entsteht, beim Wegspielen eines Spielobjekts ein Ziel zu treffen. Damit wird eine strukturelle Bedingung vieler Sportspiele angesprochen, ohne die die Spielidee eines Spiels gar nicht umgesetzt werden könnte. Im Fußball, Handball, Basketball, Hockey und anderen Spielen geht es darum, ein Spielobjekt (meist ein Ball) in ein Tor/Korb zu bewegen und damit zu gewinnen. Das erfordert eine Fähigkeit zum genauen Zielen, sei es mit der Hand, dem Fuß, mittels eines Schlägers oder eines anderen Körperteils (z. B. Kopf, Knie). Die Ziele müssen nicht immer die Tore der großen Sportspiele sein, es reichen für viele spielerische Lernsituationen kleinere Tore (Kastenteile, kleine Kästen), Markierungen an der Wand oder Zielobjekte, die getroffen werden müssen (aufgestellte Hütchen, aufgehängte Schleuderbälle oder andere Objekte). Nun bildet das „Zielen“ als grundlegende Struktur nicht nur bei den Zielschussspielen eine Voraussetzung für die Realisierung der Spielidee, sondern sie kann auch bei den Rückschlagspielen Teil des Lernweges für das „wechselseitigen Hineinschlagen“ als wesentliche Struktur der Rückschlagspiele sein. So kann es zunächst einmal darum gehen, mit dem Ball über ein Netz Zielobjekte zu treffen, um die Zielgenauigkeit beim Wegbewegen des Spielobjektes (Ball) spielend zu lernen. Solche Arrangements müssen für die verschiedenen Rückschlagspiele (z. B. Volleyball, Tennis, Badminton, Tischtennis, Faustball) für die einzelne Lernsituation geprüft werden. Das „Zielen“ ist insofern ein zentrales Grundthema vieler Sportspiele. Es tangiert aber vor allem die Spielidee aller Zielschussspiele.
4. Tabelle: Zielen (D1)
Abkürzungen Tabellen: b = basal | e = elementar | p = primär | s = sekundär
5. Grundthema D2: Jonglieren
Viele Spielsituationen in nahezu allen Sportspielen haben mit dem Spielproblem des Annehmens und Zurückspielens eines Spielobjektes zu tun, was hier als „Jonglieren“ gefasst wird. So muss beispielsweise in einem Fußball-, Handball-, Tennis- oder Volleyballspiel ein Ball mit der Hand, dem Fuß, einem anderen Körperteil oder mittels eines Schlägers geschickt und sicher angenommen/gefangen und der Spielidee folgend weitergeführt oder zurückgespielt werden, sei es zu einem Mitspielenden, zu einem Ziel oder ins gegnerische Feld. Die geschickte Annahme und Weiter-/Rückführung eines Spielobjektes ist eine wesentliche Voraussetzung, um überhaupt mitspielen zu können. Für den Lernprozess sind daher viele Arrangements hilfreich, in denen die Lernenden ein Spielobjekt mit einem Körperteil oder einem Schläger vor sich hochspielen, wieder annehmen und erneut hochspielen und auf diese Weise den Ball jonglieren lernen. Mit dieser Ballgeschicklichkeit können dann spielgemäße Situationen arrangiert werden, in denen sich beispielsweise Spielpartner*innen ein Spielobjekt (z. B. Ball, Indiaca) hin und her zuspielen, auch über ein Netz oder ein anderes Hindernis, sie nach der Annahme des Spielobjektes auf ein Ziel zielen oder versuchen, die Annahme des Spielobjektes in ein Hineinschlagen ins gegnerische Feld zu überführen. Die Fähigkeit, ein Spielobjekt anzunehmen und alleine oder mit Mitspielern weiter- oder zurückzuführen, ist eine Grundbedingung, um den für die Spannung eines Spiels notwendigen Spielfluss zu erreichen.
6. Tabelle: Jonglieren (D2)
Abkürzungen Tabellen: b = basal | e = elementar | p = primär | s = sekundär
7. Grundthema D3: Treffen und Ausweichen
Die Besonderheit dieses Grundthemas besteht darin, dass die Absicht, etwas/jemanden mit oder ohne ein Spielobjekt zu treffen, immer zugleich damit verbunden ist, selbst dieser Absicht entgehen zu wollen, also treffen und nicht getroffen werden. Diese Spielstruktur findet sich vor allem in Fang- und Abtreffspielen (z. B. Jägerball), aber auch im Baseball- oder Schlagballspiel, bei denen ein Objekt getroffen und der Gegner durch Aufsuchen eines Freimals ausweichen muss, um nicht abgeschlagen zu werden oder für die andere Mannschaft einen Punkt verursachet zu haben, es also eine indirekte Beziehung der Struktur „Treffen und Ausweichen“ gibt. Besonders deutlich wird das Spielproblem beim „Treffen und Ausweichen“ in den klassischen Fang- und Abtreffspielen, bei denen die Rollen des/der Abschlagenden und des/der Ausweichenden, also des/der Läufer/s/in und des/der Fänger/s/in ständig wechseln (analog beim Abtreffen mit dem Ball). Die Spielfähigkeit zeigt sich darin, als Fängerin anderen hinterher zu jagen, dabei das Tempo variieren und systematisch die Richtung wechseln und umgekehrt als Läuferin vor dem/der Jagenden flüchten und auf die Aktionen des/der Jagenden mit eigenen Wechseln beim Tempo und der Richtung reagieren zu können, was zugleich eine hohes Maß an antizipatorischen Fähigkeiten verlangt. Um dies zu lernen, braucht es wechselnde, dem Spielniveau der Lernenden ständig angepasste Arrangements zur Spielfeldgröße, zur Spielerzahl und zu den Regeln des Spiels. Bei Hazelebach (1995, S. 33-35) findet sich eine Prozessbeschreibung mit Spielideen, wie Abschlagspiele als Korridorspiele so gestaltet werden können, dass alle mitspielen können.
8. Tabelle: Treffen und Ausweichen (D3)
Abkürzungen Tabellen: b = basal | e = elementar | p = primär | s = sekundär
9. Grundthema D4: Vorbeispielen und Abfangen
Ein oft spielbestimmendes Problem eines jeden Zielschuss- oder Endzonenspieles ist das „Vorbeispielen“ am gegnerischen Spieler bzw. der gegnerischen Spielerin. Ohne dass dieses Spielproblem gelöst wird, könnten keine Tore/Körbe/Punkte erzielt werden; jeder/jede Spielerin muss auf irgendeine Weise an den gegnerischen Spielerinnen vorbeispielen können. Hierfür braucht es die Lücke, die herauszuspielen ist oder die in der gegnerischen Abwehr gesehen werden muss. Aber auch diese strukturelle Bedingung eines jeden Sportspiels ist komplementär mit dem „Abfangen“ verbunden: Übernimmt die eine Seite die Rolle, mit dem Ball am Gegner vorbeizukommen und in Richtung Tor/Korb vorzudringen, stellt sich die andere Seite darauf ein, in Ballbesitz zu kommen und selbst die Rolle des Vorbeispielenden zur übernehmen. Das „Abfangen“ ist gleichsam die Bedingung dafür, um in die Rolle des Angreifers zu kommen, was wiederum das „Vorbeispielen“ am Gegner verlangt. Aus genau dieser komplementären Spielsituation entsteht die Spannung des Spiels. Im Grunde geht es darum, in Ballbesitz zu kommen und solange in Ballbesitz zu bleiben, bis sich die Gelegenheit bietet, ein Tor/Korb/Punkt zu erzielen. Der „Streit“ um den Ballbesitz erzeugt spannungsvolle Situationen, der immer wieder neu und anders zu lösen ist. Lösungsmöglichkeiten können in Lernsituationen mit unterschiedlichen Tor-/Korb- oder auch Zonenkonstruktionen (kleine, große) oder variierender Anzahl an Toren/Körben/Zonen (zwei oder drei) geübt werden, aber auch durch die Variation der Spielerzahl, der Spielfeldgröße oder durch Freiraumzonen. So lassen sich Spielsituationen um den Ballbesitz mit verschiedenen Torarrangements, unterschiedlichen Raumaufteilungen, zur Rolle beim Angreifen oder Verteidigen initiieren. Hierzu hat van der Palen (1995, S. 26-28) viele Lernideen on vorgelegt.
10. Tabelle: Vorbeispielen und Abfangen (D4)
Abkürzungen Tabellen: b = basal | e = elementar | p = primär | s = sekundär
11. Grundthema D5: Wechselseitiges Hineinschlagen
Das Gegenstück zum Vorbeispielen und Abfangen der Zielschuss- und Endzonenspiele ist das „wechselseitige Hineinschlagen“ eines Spielobjektes bei den Rückschlagspielen wie Volleyball, Tennis, Squash, Faustball oder Tischtennis. Das Spielproblem unterscheidet sich nun deutlich von dem der Zielschuss- und Endzonenspiele. Es verlangt, ein Spielobjekt ohne direkte Gegnereinwirkung über etwas hinweg (Volleyball, Badminton), mit Boden- (Faustball, Tischtennis, Tennis) oder Wandkontakt (Squash) so zu spielen, dass die gegnerische Mannschaft es aus ihrem Feld heraus nicht mehr zurückschlagen kann (analog bei einem/einer gegenüberstehenden Spielerin wie beim Tennis). Die Lösung dieses Spielproblems besteht darin, das Spielobjekt (z. B. den Ball) so im gegnerischen Feld zu platzieren, dass ein Zurückschlagen schwierig oder gar unmöglich ist. Das erfordert ein ständiges Variieren des Hineinschlagens in das gegnerische Feld mit dem Ziel, das Spielobjekt außerhalb der Reichweite der Gegenspielerinnen, aber innerhalb der Spielfeldgrenzen, zu spielen. Auch diese grundlegende Spielstruktur verlangt die Fähigkeit, komplementäre Rollen einzunehmen. Beim Angreifen muss ein/e Spielerin alleine oder unter Beteiligung von Mitspielenden das Spielobjekt in eine „Lücke“ platzieren oder dem Spielobjekt eine solche Wucht verleihen, dass ein Zurückspielen nicht mehr möglich ist. Als abwehrende/r Spielerin muss die eigene Rolle so verstanden werden, dass im Feld alle „Lücken“ geschlossen sind und durch die eigene Aufstellung eine Abwehr des Angriffs durch Annahme des Spielobjekts möglich wird. Das erfordert, die Aktivitäten der angreifenden Mannschaft und die Flugbahn des Spielobjektes genau zu beobachten und die eigene Position im Feld daraufhin ständig anzupassen sowie die Fähigkeit, das Spielobjekt annehmen und zurückspielen zu können (mit oder ohne Einbeziehung von Mitspielenden). Um angemessene Lernsituationen zu arrangieren, können Spielfeldgröße und Spielerzahl variieren, es kann auch mit unterschiedlichen Bällen gespielt und Kombinationen mit anderen Spielgebieten, wie das Zielen oder Jonglieren, arrangiert werden (Siehe für dieses Spielgebiet das Beispiel Volleyballspiel von van der Palen, 1995, S. 29-32).
12. Tabelle: Wechselseitiges Hineinschlagen (D5)
Abkürzungen Tabellen: b = basal | e = elementar | p = primär | s = sekundär